Promotionsprojekt von Dipl.-Biol. Sabine Nöbel
Abgeschlossenes Projekt
2008 - 2013

Neben genetisch fixierten Präferenzen für bestimmte Merkmale eines Paarungspartners hat auch die soziale Umwelt eines Individuums Einfluss auf seine Partnerwahl. Bei dieser Form des sozialen Lernens nutzt das Individuum sogenannte „public information“ aus seinem direkten sozialen Umfeld für die eigene Partnerwahl, indem es Artgenossen bei der Paarung beobachtet.

Wenn Männchen oder Weibchen die Partnerwahl eines zuvor beobachteten Artgenossen übernehmen, spricht man vom Kopieren der Partnerwahl. Sie beobachten dabei die sexuelle Interaktion zwischen zwei Artgenossen und diese Beobachtung beeinflusst dann die eigene Partnerwahl derart, dass sie ebenfalls das beobachtete Individuum zum Partner auswählen (oder auch ablehnen). Dieser Effekt tritt insbesondere dann auf, wenn die Wahl zwischen zwei möglichen Partnern besonders schwer fällt (gleiche Größe, gleiche Färbung o.ä.).

Durch die Interaktion zwischen Männchen und Weibchen während der Partnerwahl können andere Individuen Informationen gewinnen, indem sie das Paar „belauschen“. Beim Spionieren gewinnt der Zuschauer Informationen während der Interaktion zwischen Artgenossen die eigentlich nicht an ihn gerichtet sind. Zuschauen kann daher eine gute Möglichkeit sein Informationen über potentielle Paarungspartner zu bekommen. Durch ihre Anwesenheit können die Spione jedoch unter Umständen sogar Einfluss auf die Interaktion zwischen den beoachteten Paarungspartnern haben. Dann spricht man vom sogenannten Zuschauereffekt. Wird ein Artgenosse als Zuschauer wahrgenommen, können die Akteure ihr Verhalten derart ändern, dass sie dem Zuschauer eine falsche Partnerwahl vortäuschen und diesen somit auf eine falsche Fährte locken.

Der Breitflossenkärpfling (Poecilia latipinna) und seine nahen Verwandten, der Atlantik Kärpfling (Poecilia mexicana) und der Hybrid aus beiden, der Amazonen Kärpfling (Poecilia formosa), eignen sich hervorragend zur Untersuchung des Kopierens der Partnerwahl und des Zuschauereffektes. Sie gehören zu den lebendgebärenden Zahnkarpfen (Poeciliiden) und leben in gemischt-geschlechtlichen Schwärmen. Männchen und Weibchen haben somit die Gelegenheit die Partnerwahl und Kopulationen ihrer Artgenossen zu beobachten.

In früheren Studien konnten bereits einige Aspekte des Kopierens und des Zuschauereffektes untersucht werden. Doch auch wenn schon einige wichtige Studien zum Kopieren und dem Zuschauereffekt existieren, sind immer noch fundamentale Aspekte dieses Verhaltens unklar. Mit ihrem Promotionsvorhaben möchte Sabine Nöbel versuchen, die Bedeutung des sozialen Informationsnetzwerkes für die Partnerwahl der Fische besser zu verstehen.

Der Breitflossenkärpfling (Poecilia latipinna)

Breitflossenkärpflinge (Poecilia latipinna) kommen von North Carolina, USA, entlang der Atlantik Küste südlich bis zum Rio Tuxpan in Nordmexico vor und wurde in den 1930ern in Texas eingeführt. Man findet sie oft in Teichen und Flüssen, sogar im Brackwasserbereich. Die Männchen (A) erreichen eine Größe von max. 10 cm und fallen durch ihre blau-schwarze Zeichnung der Flossen und die hohe Rückenflosse auf. Die Weibchen (B) sind mit max. 12 cm etwas größer, jedoch eher unauffällig gefärbt.

Der Atlantik Kärpfling (Poecilia mexicana)

Atlantik Kärpflinge (Poecilia mexicana) sind vom Rio San Fernando (Mexico) südlich bis Honduras verbreitet. Die Männchen sind mit max. 7 cm etwas kleiner als die Weibchen, fallen aber durch ihre orang-blaue Zeichnung der Schwanz- und Rückenflosse auf. Die Weibchen (B) sind eher unauffällig gefärbt und erreichen eine Größe von 9 cm.

Der Amazonen Kärpfling (Poecilia formosa)

Der Amazonen Kärpfling (Poecilia formosa) ist der natürliche Hybrid aus Atlantik Kärpfling (Poecilia mexicana) und Breitflossenkärpfling (Poecilia latipinna). Der Name Amazonen Kärpfling leitet sich aus der griechischen Mythologie ab, da diese Art nur rein klonale Weibchen hervorbringt. Zur Fortpflanzung benötigen die Weibchen jedoch das Sperma eines Männchens der Elternarten um die Eientwicklung zu triggern. Dies wird als Gynogenese bezeichnet. Amazonen Kärpflinge kommen immer sympatrisch mit einer der Elternarten vor, so dass sich ihr Verbreitungsgebiet von Rio Grande und Nueces River, USA, südlich entlang der Golfküste von Mexiko bis zum Rip Tuxpan erstreckt.

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